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Rangliste der Pressefreiheit (2023) – Lage „instabil wie seit langem nicht“

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Die Unterdrückung unliebsamer Berichterstattung hat weltweit zugenommen; die besorgniserregenden Ergebnissen der im Mai erschienenen Rangliste der Pressefreiheit der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigen, dass die Lage der Pressefreiheit im letzten Jahr „so instabil war wie seit langem nicht“. Dies wird auf „Krisen, Kriege und die anhaltende Ausbreitung des Autoritarismus“ zurückgeführt. Auch für Deutschland gibt es keine guten Nachrichten zu vermelden. Obwohl es im internationalen Vergleich zu den besser bewerteten Ländern mit der Einstufung „zufriedenstellend“ gehört, erreicht es einen neuen Negativrekord: Im Vergleich zum Vorjahr ist Deutschland um fünf Plätze auf Rang 21 von insgesamt 180 analysierten Ländern abgerutscht.

Warum hat sich die Lage der Pressefreiheit in Deutschland aber weiter verschlechtert? Eine Rolle spielte, dass einige Länder wie die Slowakei, Kanada und Lettland ihre Bewertungen verbessern konnten und Deutschland in der Rangliste überholt haben. Ein wesentlicher Grund für die Verschlechterung ist jedoch die Sicherheitslage für Medienschaffende: 2022 wurden in Deutschland 103 physische Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten registriert – mehr als je zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2015. Die meisten Angriffe ereigneten sich in „verschwörungsideologischen, antisemitischen und extrem rechten Kontexten“. Dabei war es 2022 auf Demonstrationen, insbesondere auf solchen gegen COVID-19-Maßnahmen, besonders gefährlich für Medienschaffende.

Auch habe Deutschland in der Kategorie „Sozialer Kontext“ Punkte verloren. Medienschaffende sehen sich einer zunehmenden Feindseligkeit gegenüber, insbesondere wenn sie über Themen wie Queerfeindlichkeit, Sexismus und Rassismus berichten.

Und wie sieht es mit den Entwicklungen in anderen Ländern aus?

Positiv hervorgehoben werden kann, dass Irland nach Norwegen (dem sichersten Land für Medienschaffende zum siebten Mal in Folge) auf Platz zwei der Rangliste vorgerückt ist. RSF begründet diese Verbesserung unter anderem damit, dass der Medienpluralismus in Irland zugenommen habe und ein neues „Verleumdungsgesetz“ Medienschaffende vor missbräuchlichen Klagen schütze. Auf Norwegen und Irland folgen Dänemark und Schweden

Auf den letzten Plätzen der Rangliste finden sich mit Vietnam (Platz 178), China (179) und dem Schlusslicht Nord-Korea (180) ausschließlich asiatische Regime; davor liegt der Iran (Platz 177). Die Position Russlands (Platz 164) hat sich zudem weiter verschlechtert, denn seit dem Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine gibt es dort so gut wie keine Pressefreiheit mehr. Wer vermeintliche Falschinformationen über die russischen Streitkräfte verbreitet, müsse mit bis zu 15 Jahren Haft rechnen. Rund tausend Journalistinnen und Journalisten hätten Russland verlassen. Die Ukraine konnte hingegen die Position um 27 Punkte auf Platz 79 verbessern. Dies liege vor allem an der wirtschaftlichen Stabilisierung vieler Medien sowie dem Zurückdrängen des Einflusses von Oligarchen auf den Journalismus. Aufgrund der russischen Kriegsverbrechen an Medienschaffenden liege das Land im Bereich „Sicherheit“ jedoch weltweit auf dem vorletzten Platz.

Die meisten Medienschaffenden, die aufgrund ihrer Arbeit getötet wurden, sind auch 2022 in Mexiko zu verzeichnen. Hier gelten zudem derzeit 28 Journalistinnen und Journalisten als verschwunden.

Insgesamt stuft RSF die Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten in rund 70 Prozent der Länder als „problematisch“ ein. Mit Tadschikistan, Indien und der Türkei seien zudem drei Länder in die schlechteste Kategorie „sehr ernst“ abgestiegen. Neben der Sicherheitslage für Medienschaffende sei die organisierte Desinformation in vielen Ländern ein „wachsendes Problem.“  Vor dem Hintergrund der weltweit besorgniserregenden Entwicklung appelliert RSF-Vorstandssprecher Michael Rediske deshalb an demokratische Länder: „Demokratische Regierungen müssen Medien in ihren eigenen Ländern unterstützen, den Druck auf autoritäre Regime erhöhen und auch Exilmedien stärken. Desinformation darf nicht die Oberhand behalten.“

Die Rangliste der Pressefreiheit 2023 kann hier eingesehen werden.


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