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OBS-Studie: Mit leicht verständlichem Journalismus mehr Menschen erreichen

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Es ist nur scheinbar selbstverständlich: Wir lesen, hören oder sehen einen journalistischen Beitrag und können die Informationen schnell aufnehmen und für uns einordnen. Für zumindest rund 6 Millionen Erwachsene in Deutschland ist das jedoch nicht die tägliche Realität: Sie gelten als „gering literarisiert“, das heißt, sie können nur ganz einfache Texte oder audiovisuelle Inhalte verstehen. Komplexere Sachverhalte in Medienbeiträgen sind ihnen somit oft nicht zugänglich.

Durch Journalismus vermittelte Informationen verstehen ist jedoch eine der zentralen Voraussetzungen für demokratische Teilhabe. Wie leicht verständliche Sprache im Journalismus den Zugang zu Informationen erleichtert, zeigt die Studie eines wissenschaftlichen Teams der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Dabei werden journalistische Formate in Leichter Sprache, die nach fixen Regeln gestaltet sind, als auch solche in Einfacher Sprache, die nahe an der Standardsprache liegen, berücksichtigt.


Tipps, N
ähe und Emotionen: Wünsche an einen leicht verständlichen Journalismus

Für die Untersuchung führten die Forschenden 28 qualitative Interviews mit Personen, die über eingeschränkte Literalität verfügen, durch. Die Teilnehmenden wurden dabei nach ihren Wünschen und Bedürfnissen in Bezug auf den Journalismus und das bereits existierende Angebot in Einfacher und Leichter Sprache befragt.

Die Auswertung zeigt, dass die Betroffenen Medien und Journalismus generell große Bedeutung beimessen. Audioangebote sind besonders beliebt. Zeitungsartikel hingegen werden häufig als schwer verständlich empfunden. In Bezug auf das Thema wird besonders politische Berichterstattung als schwer zugänglich empfunden – obwohl Interesse besteht: So wünschen sich viele Teilnehmende praktische Informationen, etwa zum Ablauf einer Wahl oder zum Ausfüllen eines Stimmzettels, sowie verständlich aufbereitete Hintergrundberichte.

Auf großes Interesse bei den Befragten stoßen des Weiteren Themen, die den eigenen Erfahrungsbereich betreffen. Regionale und lokale journalistische Angebote werden bevorzugt rezipiert. Emotional berührende Beiträge, die Identifikation ermöglichen und Empathie wecken, ohne zu belastend zu sein, steigern das Nachrichteninteresse auch über den persönlichen Erfahrungshorizont hinaus.


Wege zur Teilhabe: Bessere Auffindbarkeit journalistischer Angebote

Zwar bewerteten die Befragten bestehende Angebote wie „nachrichtenleicht“ (Deutschlandfunk) oder die „Tagesschau in Einfacher Sprache“ positiv, doch seien viele Formate zu wenig bekannt oder schwer auffindbar.

Das Forscherteam empfiehlt daher, technische Hürden möglichst gering zu halten. Angebote in leicht verständlicher Sprache sollten auf den Startseiten von Medien-Websites gut sichtbar und farblich hervorgehoben platziert werden. Zudem sollten sie den Nutzungsgewohnheiten der Zielgruppe entsprechen – etwa durch Hörversionen von Texten, da Audioformate besonders geschätzt werden. Messenger-Dienste wie WhatsApp könnten zur Verbreitung geeignet sein, weil sie bereits von vielen Menschen mit eingeschränkter Literalität zur Informationsbeschaffung genutzt werden.


Was Journalistinnen und Journalisten beachten können

Einzelne Medienschaffende können ebenfalls dazu beitragen, Barrieren abzubauen. So empfiehlt die Studie, emotionale Zugänge zu schaffen und Empathie zu fördern. Dies ist etwa bei Reportageformaten umsetzbar.

Bei der Gestaltung von Textbeiträgen sollte auf eine unterstützende Bebilderung geachtet werden. Von Symbolbildern ist jedoch abzuraten – aussagekräftiger sind Fotos, die die Protagonistinnen und Protagonisten des Beitrags bei Tätigkeiten zeigen, die in direktem Zusammenhang mit dem Inhalt stehen. Da (audio-)visuelle Formate als besonders zugänglich wahrgenommen werden, können sie Textversionen sinnvoll ergänzen oder als eigenständige Formate umgesetzt werden.

Da ein großer Bedarf an serviceorientierten journalistischen Beiträgen besteht, sollten journalistische Texte für Menschen mit geringer Literalität alltagspraktische Tipps und Hilfestellungen bieten, die auf den Alltag der Betroffenen Bezug nehmen. Dazu zählen – wie oben dargestellt – Informationen zum Ablauf einer Wahl oder Erläuterungen zu den Folgen eines Streiks im Nahverkehr, wie die Forschenden aufzeigen.

Die Studie verdeutlicht: Verständlich gestalteter Journalismus kann gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Bereits geringfügige Veränderungen in der journalistischen Praxis können dazu beitragen, Barrieren zu verringern.

Die Untersuchung  „Journalismus leicht verständlich. Berichterstattung für Menschen mit eingeschränkter Literalität“ wurde im Auftrag der Otto Brenner Stiftung durchgeführt.


Weiterführende Lese- und Hörtipps:


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