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Defizite bei Einordnung von Wissenschaftsjournalismus auf YouTube

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Jede bzw. jeder dritte YouTube-Nutzende konsumiert auf der Plattform Videos zu wissenschaftlichen Themen. Vor allem bei Jüngeren mit einem höheren Bildungsstand sowie bei Menschen mit hohem Wissenschaftsinteresse und -vertrauen seien entsprechende Formate beliebt; aber auch Befragte mit niedrigem Medienvertrauen würden diese „überdurchschnittlich oft“ ansehen: Dies hält die kürzlich veröffentlichte Studie der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), der Senatskanzlei Berlin, der Landesanstalt für Medien NRW und der Medienanstalt Rheinland-Pfalz „Wissenschaftsjournalismus auf YouTube“ fest. In dieser wurde untersucht, ob die Nutzenden zwischen sorgfältig produzierten wissenschaftsjournalistischen Beiträgen und nicht sorgfältig hergestellten, irreführenden, Videos unterscheiden können.

Den Studienteilnehmenden wurden zwei Beispiele für Wissenschaftsvideos auf YouTube zur Bewertung vorgelegt: Ein Film berichtete ausgewogen und sachlich über den Klimawandel, während der zweite relevante Quellen ausließ und Grafiken und Statistiken „verkürzt oder verzerrt“ interpretierte, wie im Studienbericht dargestellt wird. Die Auswertung zeigte, dass nicht sorgfältig produzierter Wissenschaftsjournalismus von einem Großteil der Nutzenden nicht erkannt wird: So lag die durchschnittliche Bewertung der Glaubwürdigkeit des Negativbeispiels bei 5,9 (auf einer Skala von 0 bis 10) und damit nur geringfügig unter jener des Positivbeispiels (6,3).

Als besonders wichtiger Grund für die Zuschreibung von Glaubwürdigkeit wurde das bloße Vorhandensein von vielen Quellen genannt. Nur wenige der Nutzenden hätten aber überlegt, die in den Videos genannten Quellen auch kritisch zu hinterfragen. Auch würden von YouTube angebotene Hinweise unter Videos, die helfen sollen, diese einzuordnen, von einem Großteil der Befragten nicht gesehen oder nicht entsprechend interpretiert. Dies ist problematisch, weil dadurch die Glaubwürdigkeit von wissenschaftlichen Videos leicht manipulierbar wird, indem etwa durch die Verwendung vieler Quellen Wissenschaftlichkeit imitiert und das Vertrauen in den Inhalt eines Videos gestärkt wird – auch wenn es sich um eine Falschinformation handelt.

„Falschinformationen können im Netz auf einfachem Weg millionenfach verbreitet werden. Das sehen wir derzeit insbesondere vor dem Hintergrund des Angriffskrieges gegen die Ukraine, in dem gezielt Desinformation als Mittel der Propaganda eingesetzt wird. Aber auch zur Covid-19-Pandemie oder zum Klimawandel werden häufig irreführende Inhalte im Internet verbreitet“, meint Staatssekretär Dr. Severin Fischer, Chef der Senatskanzlei Berlin, zu den Studienergebnissen. „Die Studie zeigt, dass die Nutzenden sich leicht täuschen lassen, wenn Merkmale des professionellen Journalismus nachgeahmt werden“, so Fischer weiter. Dies könne schwerwiegende Konsequenzen für die Meinungsbildung bedeuten. Zielgerichtete Fördermaßnahmen wie die Initiative „Journalismus macht Schule“ der mabb seien daher besonders wichtig, um Defizite bei der Informations- und Nachrichtenkompetenz zu kompensieren.

 


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