Verlässliche Informationen neutral zu vermitteln, und somit Menschen zur Meinungsbildung zu befähigen, Desinformation entgegenzuwirken, das aktuelle Geschehen einzuordnen und zu analysieren sowie unparteiisch zu beobachten – kann man als grundlegende journalistische Aufgaben bezeichnen und laut einer aktuellen Befragung des Hans-Bredow-Instituts (HBI) stufen diese tatsächlich mehr als achtzig Prozent der deutschen Journalistinnen und Journalisten in Hinsicht auf ihr Rollenverständnis als „sehr und extrem wichtig“ ein. Neben dem beruflichen Rollenverständnis wurden in der Studie „Journalismus in Deutschland 2023: Aktuelle Befunde zu Situation und Wandel“ zwischen September 2022 und Februar 2023 rund 1.200 Journalistinnen und Journalisten zu ihrer Arbeitsrealität sowie zu den Risiken, Herausforderungen und Unsicherheiten, die sie in einer sich wandelnden Medienwelt beschäftigen, befragt.
Beruf eher männlich geprägt
Erste Ergebnisse zeigen, welche typischen Vertreterinnen und Vertreter das Berufsbild prägen: Es handelt sich demnach um einen Beruf, der überwiegend in Vollzeit, von berufserfahrenen und akademisch gebildeten Personen sowie eher von Männern ausgeführt wird. Dabei liegt der Anteil von männlichen Medienschaffenden bei 56 Prozent, jener von Frauen bei 44 Prozent – das sind um vier Prozent mehr als noch bei der letzten Befragung 2015. Das Durchschnittsalter liegt insgesamt bei 45 Jahren, wobei sich hier eine leichte Verschiebung hin zu jüngeren Altersgruppen zeige. Rund zwei Drittel der Journalistinnen und Journalisten haben einen akademischen Bildungshintergrund. Und die Mehrheit hat eine klassische journalistische Ausbildung hinter sich gebracht – wie durch den Abschluss eines Volontariats (77,5 Prozent) oder den Besuch einer Journalistenschule (rund 16 Prozent). Zudem konnten rund zwei Drittel Erfahrungen in Praktika oder bei Hospitationen sammeln.
Mehrheit für spezifisches Ressort oder Themenfeld tätig
Die Studienergebnisse verweisen zudem darauf, dass die Spezialisierung auf ein Ressort sich lohnt: So arbeiten rund 66 Prozent der Befragten für ein bestimmtes Ressort oder Themenfeld wie Wirtschaft, Politik oder Sport. Als Generalistinnen bzw. Generalisten verstehen sich hingegen nur 34 Prozent der Befragten. Die wichtigsten Auftraggeber für Journalistinnen und Journalisten sind nach wie vor traditionelle Printhäuser – so gaben insgesamt 57 Prozent an, für einen Zeitungs- oder Zeitschriftenverlag tätig zu sein. Ein Großteil arbeitet dennoch multimedial und produziert im Durchschnitt Inhalte für rund vier verschiedene Medienkanäle.
Berufseinflüsse und -belastungen: Zeitdruck und Stress
Und welchen Einflüssen sehen sich Journalistinnen und Journalisten ausgesetzt?
Hier stand der Faktor „Zeitdruck“ an erster Stelle – rund 58 Prozent nannten dies als „starken“ und „extrem starken“ Einfluss). Dieser rangiert somit noch vor dem Faktor „Verfügbarkeit von Ressourcen für die Berichterstattung“ (50,5 Prozent) und „journalistischer Ethik“ (rund 48 Prozent).
Es scheint vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich, dass viele Journalistinnen und Journalisten sich in großem Maße in ihrem Beruf gestresst fühlen: Fast die Hälfte der Befragten gab an, in den letzten sechs Monaten „oft“ oder „sehr oft“ unter Stress bei der Arbeit gelitten zu haben. Die Mehrheit hat in den letzten fünf Jahren außerdem Beleidigungen im Internet und Verunglimpfungen ihrer Arbeit erlebt müssen. Sie waren herabwürdigenden oder hasserfüllten Äußerungen ausgesetzt rund 59 Prozent), ihre Arbeit wurde öffentlich diskreditiert (rund 62 Prozent) oder sie wurden auf andere Weise bedroht oder eingeschüchtert (26,5 Prozent). Hinzu kommt die Sorge, rechtlich nicht ausreichend geschützt zu sein: Rund 41 Prozent der Befragten befürchten, dass Angriffe auf Medienschaffende nicht bestraft würden.
Das vorliegende Arbeitspapier fasst die ersten Ergebnisse einer deutschen Teilstudie zusammen, die im Rahmen der dritten Erhebungswelle der Studie „Worlds of Journalism“ in Deutschland durchgeführt wird. Im Rahmen dieser internationalen Forschungsreihe werden aktuell zum dritten Mal in bis zu 80 Ländern Daten zum Status Quo des Journalismus erhoben. Die Teams in allen Ländern folgen zuvor festgelegten methodischen Standards. Weitere Analysen und Veröffentlichungen sollen folgen.