Menschen einschüchtern und von einer öffentlichen Beteiligung abhalten. Oft richten sich die Klagen gegen Aktivistinnen und Aktivisten, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) – und Journalistinnen und Journalisten. Somit sind insbesondere Personen betroffen, die sich kritisch und engagiert am demokratischen Diskurs beteiligen. Die Kläger können Unternehmen und den Betroffenen wirtschaftlich überlegene Einzelpersonen sein, die durch Abmahnungen, Klagen und andere juristische Mittel kritische Stimmen zum Schweigen bringen wollen.
Vor diesem Hintergrund hat eine aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung das derzeitige Vorkommen, die Formen und die Wirkung solcher rechtsmissbräuchlichen Klagen in Deutschland untersucht. Zudem wurde die „Anti-SLAPP-Richtlinie“ der EU ins Auge genommen, die Einschüchterungsklagen künftig verhindern soll. Die Richtlinie muss bis Mai 2026 in nationales Recht überführt werden.
Wogegen richten sich SLAPPs?
Im Zuge der Studie wurden 227 Personen aus Betätigungsbereichen befragt, die potenziell von strategischen Einschüchterungsversuchen betroffen sind. 43 Prozent gaben an, selbst Opfer mindestens einer SLAPP-Klage geworden zu sein. Rund zwei Drittel der nicht direkt Betroffenen berichteten, von solchen Einschüchterungsversuchen gegen andere zu wissen. Klagen und anderen Einschüchterungsversuche mit juristischen Mitteln richteten sich laut Studie „vor allem gegen Recherchetätigkeiten, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Veröffentlichungen in sozialen Medien und Demonstrationsteilnahmen“. Besonders betroffen war dabei etwa der „investigative (Lokal-)Journalismus“ sowie die „Kritik an politischen, staatlichen und unternehmerischen Aktivitäten, insbesondere Berichte über Korruption, Rechtsverstöße, Diskriminierung, umweltschädliches Handeln oder kriminelle Vorgänge“.
Betroffene berichteten von psychischer Belastung und dem Druck, öffentliche Beteiligung rechtlich besser abzusichern. Ein Drittel derjenigen, die persönliche Erfahrung mit SLAPP-Klagen haben, gab sogar an, sich in Zukunft weniger an der öffentlichen Debatte beteiligen zu wollen.
Ein Problem für die Demokratie
Die Ergebnisse von Studienautorin Prof. Dr. Stefanie Egidy belegen, dass SLAPP-Kläger die Justiz instrumentalisieren, um unerwünschte öffentliche Beiträge zu unterbinden. Gedroht wird auch vorgerichtlich durch Abmahnungen, um den Betroffenen zu suggerieren, dass bei einer rechtlichen „Eskalation“ hohe Kosten auf sie zukommen. SLAPPs sind somit ein Problem für die Demokratie: Denn diese sei „auf zuverlässige Informationen, einen sachlichen Diskurs, kritische Beiträge und breite Partizipation angewiesen“.
Die Anti-SLAPP-Richtlinie – ein großer Schritt mit Verbesserungsbedarf
Nach der aktuellen Rechtslage könnten die Gerichte solchen Klagen wenig entgegensetzen. Erst die Anti-SLAPP-Richtlinie schreibt den EU-Ländern künftig Schutzmechanismen vor. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten unter anderem dazu, offensichtlich unbegründete Klagen schneller abzuweisen und effektive Sanktionen gegen missbräuchliche Kläger einzuführen. Dies ist ein bedeutender Schritt für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten sowie andere Betroffene. Dennoch übt die Autorin auch Kritik am künftigen Gesetz: So sieht sie etwa zu viel Spielraum bei der Umsetzung der Maßnahmen für die einzelnen Mitgliedstaaten. Die nationale Gesetzgebung sei daher gefordert, im Zuge der Umsetzung der Mindeststandards der Anti-SLAPP-Richtlinie Rechtssicherheit zu schaffen und Rechtsschutzlücken zu schließen.
Alle Informationen zur Studie „Einschüchterung ist das Ziel – Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPPs) in Deutschland“ finden Sie auf der Website der Otto Brenner Stiftung.