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Infoportal Wissenschaftsjournalismus

1.1 Definition

Was ist Wissenschaftsjournalismus?

Der Begriff „Wissenschaftsjournalist“ kennzeichnet keinen Widerspruch zur allgemeinen Bezeichnung „Journalist“, sondern grenzt das Tätigkeitsfeld genauer ein. Wissenschaftsjournalisten sind also ebenso wie ihre Kollegen in allen Medien tätig. Sie befassen sich jedoch thematisch mit Schwerpunkten, die aus Wissenschaft und Forschung stammen.

Besonders häufig sind dies Entwicklungen im Bereich Medizin und Gesundheit, in der Biologie, Ökologie oder Biotechnologie sowie der Rüstungs- und Weltraumforschung.

Im Unterschied zu anderen Journalisten verfügen Wissenschaftsjournalisten günstigenfalls über eine Doppelqualifikation. Das heißt, sie haben sowohl einen fachlichen Schwerpunkt als auch Journalismus gelernt. Doch auch in diesem Bereich herrscht keine Einheitlichkeit vor. Besonders in den Anfangszeiten des Wissenschaftsjournalismus kam es häufiger vor, dass Wissenschaftler ohne journalistische Ausbildung als sogenannte Quereinsteiger zu Zeitschriften oder anderen Medien wechselten. Oder aber dass die „Allrounder“, also Journalisten ohne zusätzliche Fachausbildung, sich auf ein Gebiet spezialisierten.

Eine Abgrenzung des Wissenschaftsjournalismus gegenüber dem Special-Interest-Journalismus (SI-Journalismus) scheint ebenfalls notwendig. SI-Publikationen konzentrieren sich zwar auf ein Sachgebiet, gelten aber nicht als Fachpublikationen, die wissenschaftliche Erkenntnisse wiedergeben. In ihnen äußern sich Experten auf einem Fachgebiet, die über ein großes Spezialwissen verfügen, aber ein privates Interesse verfolgen – also beispielsweise Hobbygärtner oder Pilzesammler (vgl. Bröder, Sebastian: Podcast).

1.2 Aufgaben

Besondere Aufgaben und Methoden des Wissenschaftsjournalisten

Neben der Themenwahl weisen auch die Art der Recherche und der Wissensvermittlung von Wissenschaftsjournalisten spezielle Besonderheiten auf, was in den entsprechenden Abschnitten ebenfalls genauer erläutert wird. Und da der Wissenschaftsjournalist als eine Art Übersetzer verstanden werden kann, der aus einer Fachsprache in eine für Laien verständliche Sprache übersetzt, kommt speziell den journalistischen Darstellungsformen hohes Augenmerk zu. Welcher Methoden der Darstellung bedienen sich Wissenschaftsjournalisten, um ihre Zielgruppe zu begeistern, deren Neugier zu befriedigen und dennoch sach- und fachgerecht zu informieren? Und wie wirkt sich ihre Mittlertätigkeit auf die Meinungsbildung aus? Auch die Antworten auf diese Fragen sollen in diesem Beitrag skizziert werden.

1.3 Selbstverständnis

Der Wissenschaftsjournalist als Mittler und Wächter, als Übersetzer und Kritiker

Zum besonderen Selbstverständnis von Wissenschaftsjournalisten gehört es, dass sie sich als Vermittler von Faktenwissen und zugleich als Kritiker und Wächter gegenüber der Wissenschaft betrachten. Wobei sich diese Kritik selten generell gegen Wissenschaft als methodische Forschung richtet und sich stattdessen auf einzelne Methoden oder Bereiche beschränkt. Der Wissenschaftsjournalist sichert im Grunde die Kommunikation zwischen Forschung und Gesellschaft. Er stellt wissenschaftliche Studien und Ergebnisse in einer seiner Zielgruppe verständlichen Sprache dar, bewertet, analysiert, kritisiert oder kommentiert. Je nachdem, welche inhaltlichen und fachlichen Schwerpunkte er verfolgt, kann er zudem als Ratgeber gegenüber seiner Zielgruppe auftreten. Die Besonderheit des journalistischen Handelns von Wissenschaftsjournalisten besteht vor allem darin, dass sie die Themen, die sie für relevant halten, auswählen und zielgruppengerecht aufbereiten. Während es im allgemeinen Journalismus nicht üblich ist, beispielsweise die Äußerungen von Politikern oder Unternehmern zu erläutern, gleicht der Wissenschaftsjournalist einem Übersetzer, der ein Werk aus der Fachsprache in die Alltagssprache überträgt. Und er muss dabei ständig eine Gratwanderung meistern: Gelingt es ihm nicht, sein Thema verständlich aufzubereiten, läuft ihm die Zielgruppe davon. Verallgemeinert oder vereinfacht er zu stark, zieht er sich den Zorn der wissenschaftlich gebildeten Leserschaft zu, die nun ihm Inkompetenz unterstellt.

2. Relevanz

Warum Wissenschaftsjournalismus so wichtig ist.

Zu den klassischen Ressorts der Medien, in denen Journalisten tätig sind, gehören die Bereiche Wirtschaft und Politik, Kultur und Sport. Die Wissenschaft wird allgemein als „verspätetes Ressort“ (Hömberg: 1990) bezeichnet, dem allerdings in den vergangenen Jahrzehnten wachsende Bedeutung zugekommen ist.

Dies betrifft alle Medien und alle Sparten. So senden die Fernseh- und Rundfunkanstalten Wissenssendungen für Kinder oder Erwachsene, die Tages- und Wochenzeitschriften versorgen ihre Leser mit Beilagen oder Kolumnen zu wissenschaftlichen Themen, oder es werden Wissenschaftsmagazine herausgegeben, die zumeist auf Teilgebiete spezialisiert sind. Während also manche Tageszeitung mit dem Überleben kämpft, nimmt die Zahl der wissenschaftsjournalistischen Publikationen – zumindest in Deutschland – zu. Und wo einstmals die Ressorts Wirtschaft, Sport, Politik oder Lokales um die Titelzeilen kämpften, übernahmen souverän die Nachrichtenmacher aus dem Ressort Wissenschaft. Ganz eindeutig ist eine Umgewichtung erfolgt, die sich zunächst aus den Besonderheiten der Themenwahl und deren Bedeutsamkeit für alle Lesergruppen erklären lässt.

Ohne Zweifel sind Politik und Wirtschaft nicht minder wichtig für das Verstehen der modernen Lebenswelt als wissenschaftliche Themen. Doch ergibt sich die Bedeutsamkeit des Wissenschaftsjournalismus aus dem Umstand, dass die wissenschaftliche Forschung und Entwicklung sich immer stärker mit dem Alltag aller Bevölkerungsgruppen verzahnt. Ernährung und Gesundheit, Lebensmittelproduktion, Landwirtschaft und Tierhaltung, Ökologie und Umweltschutz, wirtschaftliche und technologische Entwicklungen sowie politische Maßnahmen – all dies lässt sich nur verstehen und an all dem lässt sich nur mehr teilhaben, wenn die dahinterstehenden wissenschaftlichen Konzepte vermittelt und verstanden werden. Darüber hinaus zeigen viele Rezipienten aber auch von sich aus ein großes Interesse an wissenschaftlichen Themen; die einen sind fasziniert von Naturphänomenen oder neuen technologischen Entwicklungen; die anderen betrachten die Teilhabe am Kenntnisstand der Wissenschaft als unabdingbar, um sich innerhalb einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft zurechtzufinden. Fehlendes Wissen wird dagegen mit Inkompetenz gleichgesetzt.

Das große Interesse an wissenschaftlichen Themen wird weiter dadurch gestärkt, dass die Wissenschaft selbst in gewissem Maße Event-Charakter angenommen hat. Etwa wenn Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert oder Preisverleihungen vorgenommen werden; wenn technologische Fachmessen zum Massenevent werden oder Liveübertragungen aus dem Geburtssaal, vom OP-Tisch oder vom Startpunkt der neuen Raumsonde ausgestrahlt werden.

3. Themenwahl

3.1 Auswahlkriterien

Besonderheit der Themenwahl im Wissenschaftsjournalismus: Kriterien der Auswahl

Journalisten müssen über ein gutes Gespür für Themen verfügen, die ihre Leser interessieren. Aktualität, Unterhaltungs- oder Sensationswert spielen ebenso eine Rolle wie die eigentlichen Inhalte der Nachrichten und Beiträge, die sie verfassen. Das Themenspektrum von Wissenschaftsjournalisten scheint dagegen zunächst eingegrenzter. Doch umfasst die wissenschaftliche Forschung mittlerweile so viele Bereiche, dass auch Lifestyle-Magazine, Frauen- oder Gartenzeitschriften fündig werden.

3.2 Aktualität neu definiert

Aktuell ist aktuell. Oder doch nicht?

Ein wesentlicher Unterschied zum allgemeinen Journalismus besteht Vicari (2007) und anderen Autoren zufolge jedoch in der Definition von Aktualität im Wissenschaftsjournalismus. Denn die Auswahl der Themen muss nicht von tagespolitischen Ereignissen gelenkt sein. Aktualität bedeutet hier nicht „heute und sofort“ zu veröffentlichen, was sich in der Welt ereignet, sondern ein Thema zu finden, für das sich aktuell eine ausreichend große Zielgruppe interessiert. Umgekehrt erfolgt auch die Darstellung in einer von den Tagesereignissen losgelösten Form und daher unter geringerem Zeitdruck. So kann das Thema „Erdbeben“ anlässlich einer aktuellen Naturkatastrophe gewählt werden. Die Berichterstattung des Wissenschaftsjournalisten wird dann aber vor allem die Hintergründe ausleuchten und grundsätzliche Information über Erdbeben, gefährdete Gebiete, technologische Möglichkeiten der Prognose oder Prävention liefern. Aktualität lässt sich im Wissenschaftsjournalismus also als Bündelung aus Relevanz und Informationsgehalt verstehen.

3.3 Sensationswert

Bestimmung des Sensationswertes einer Nachricht

Neben der Aktualität einer Nachricht zählen auch Kriterien wie deren Unterhaltungs- oder Neuigkeitswert. Hinzu kommt die Bewertung, ob das Thema von allgemeinem Interesse ist. Damit verbunden ist allerdings die Gefahr, dass ausschließlich Themen und Studien besprochen werden, die sich besonders kontrovers diskutieren lassen, in denen Bedrohungen und Gefahren benannt werden oder die in irgendeinem Sinne einen Sensationscharakter haben. Veröffentlichen Wissenschaftler dagegen Ergebnisse, die keine Emotionen auslösen, die eher neutral zu bewerten sind, so sind die Chancen auf eine Erwähnung in den Medien eher gering.

3.4 Quellen

Die Bedeutung der Quelle oder Ressource einer Nachricht

Ein drittes Kriterium für die Bewertung der Relevanz einer Nachricht liegt in deren Herkunft. Berichten beispielsweise Fachzeitschriften wie „Nature“ oder „Science“ darüber, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch andere Medien die Thematik aufnehmen werden. Die genannten Publikationen haben fast schon den Charakter von Nachrichtenagenturen angenommen. Inwieweit Anzeigenkunden die Aufnahme von Nachrichten in ein wissenschaftliches Magazin beeinflussen, ist unbekannt. Zum Selbstverständnis des Wissenschaftsjournalisten gehört es im Allgemeinen jedoch, dass Werbung und redaktioneller Teil klar abgegrenzt sein müssen. Doch verwischen sich auch hier zuweilen die Grenzen, speziell dann, wenn Wissenschaftsjournalisten unter Zeitdruck auf Material zurückgreifen (müssen), das ihnen aus PR-Abteilungen von Unternehmen oder wissenschaftlichen Einrichtungen zugesandt wurde.

4. Recherche

4.1 Rechercheverständnis

Finder oder Erfinder von wahrem Wissen?

Wissenschaftsjournalisten bereiten die Informationen, die sie recherchiert oder erhalten haben, zielgruppengerecht auf. Dazu gehört auch das Auslassen von Informationen, die als nicht relevant betrachtet werden, das Reduzieren komplizierter Thesen und Zusammenhänge, die sprachliche Vereinfachung differenzierter Betrachtungsweisen. Diese Art der Bearbeitung bringt es zwangsläufig mit sich, dass Wissenschaftsjournalisten sehr sorgfältig arbeiten müssen, um nicht zu fehlerhaften oder falschen Aussagen zu gelangen. Galten Wissenschaftsjournalisten ursprünglich als reine Faktenvermittler, so werden sie gegenwärtig häufig als „Wissensmacher“ bezeichnet (vgl. Vicari: 2007). Die Bezeichnung verweist ebenfalls darauf, dass Wissenschaftsjournalisten auf der einen Seite als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Gesellschaft fungieren, auf der anderen Seite aber an der Entstehung und Verbreitung von Wissen, das sie ihren Vorstellungen entsprechend ausgewählt und bearbeitet haben, beteiligt sind. Sie sind also gleichzeitig Wissensverbreiter und Wissensmacher.

Nicht Wahrheitsfindung ist das Ziel, sondern hochwertige und korrekte Darstellung
Dennoch widerstrebte es dem Selbstverständnis seriöser Wissenschaftsjournalisten, wissenschaftliche Wahrheiten zu erfinden. Stattdessen betrachten sie sich als Gestalter von Qualitätsjournalismus – im Gegensatz zum reinen „Meldungsjournalismus“. Damit sind sie sich ihrer Rolle und ihrer Verantwortung als Vermittler zwischen Wissenschaft und Gesellschaft in hohem Maße bewusst. Hinzu kommt, dass es weder in der Wissenschaft noch im Journalismus letztlich um das Finden oder Verbreiten von „Wahrheit“ geht. Was zählt, ist Kohärenz, Schlüssigkeit, ist das Funktionieren einer These, einer Erfindung, einer neuen Behandlungsweise. Wenn Wissenschaftsjournalisten also in besonderer Weise „Wissensmacher“ sind, dann vor allem, weil sie an den Schaltstellen sitzen, an denen Themenbereiche, die es in die mediale Darstellung schaffen, ausgewählt werden. Und weil sie mit ihrer Darstellungsform die öffentliche Wahrnehmung eines Wissenschaftsgebietes stark beeinflussen können.

4.2 Besonderheiten

Besonderheiten in der Recherche

Journalisten beziehen ihre Meldungen von Agenturen, recherchieren vor Ort oder befragen Beteiligte. Nicht anders verhält es sich bei Wissenschaftsjournalisten. Dennoch benötigen diese in der Regel zusätzliche/andere Quellen und Ressourcen für ihre Recherche. Ihre Informationen erhalten sie von Wissenschaftlern oder aus Datenbanken, von Nachrichtenagenturen und international anerkannten Fachzeitschriften, aus dem Internet oder Handbüchern, durch die Teilnahme an PR-Veranstaltungen, Kongressen oder Tagungen. Die Möglichkeiten zur Recherche sind vielfältig, doch erweist sich die Recherche selbst häufig als besonders kompliziert, da eine gründliche Einarbeitung in den wissenschaftlichen Forschungsstand erforderlich wäre. Daher müssen sich Wissenschaftsjournalisten ebenso intensiv mit der Frage befassen, wie sie Informationen und Nachrichten, die ihnen zur Verfügung gestellt werden, auf deren Richtigkeit überprüfen können.

4.3 Selektion

Informationen in Hülle und Fülle: Auf die Auswahl kommt es an

Eine weitere besondere Schwierigkeit der Recherche im Wissenschaftsjournalismus besteht häufig darin, dass wissenschaftliche Einrichtungen ebenso wie Unternehmen eigene PR-Abteilungen unterhalten, die Pressemeldungen bereits in ihrem Sinne aufbereiten und herausgeben. So werden die Wissenschaftsmagazine täglich mit einer unüberschaubaren Zahl an Meldungen überhäuft. Welche davon sind wichtig und wie lassen sich die enthaltenen Informationen überprüfen, wenn Recherchen vor Ort zu aufwendig oder nicht möglich sind? Welche Nachrichten sind relevant und sollten unbedingt vermittelt werden?

4.4 Unterhaltung

Informieren ist schön, zusätzlich unterhalten ist besser

Die Art der Recherche und der Vermittlung sind Besonderheiten des Wissenschaftsjournalismus und werden durch zahlreiche weitere Kriterien bestimmt. Dazu gehört zum einen der Umstand, dass journalistische Nachrichten stets einen Neuigkeitswert haben sollen. Und auch Wissenschaftsjournalisten arbeiten nicht im luftleeren Raum, sondern sind an Vorgaben bzw. an das Prinzip der Wirtschaftlichkeit gebunden. Entsprechend werden Auswahl, Recherche und Aufbereitung eines Themas von Kriterien bestimmt, die damit eigentlich wenig zu tun haben: von der Art des Mediums, für das der Wissenschaftsjournalist tätig ist, von der Zielgruppe, vom Ressort, von Aktualität und Unterhaltungswert.

5. Berichterstattung

5.1 Themen vermitteln

Einbettung, Inszenierung und Begeisterung

Ein paar Meldungen über wissenschaftliche Kongresse und die Weitergabe von Informationen aus der PR-Abteilung der regional ansässigen Universität zeichnen noch keinen Wissenschaftsjournalismus aus. Und auch wer dauerhaft über Wissenschaft berichtet, ist deshalb noch kein Wissenschaftsjournalist. Hinzukommen müssen Begeisterung, Kenntnis der Materie und journalistischer Darstellungsmittel sowie Distanz gegenüber dem Spezialgebiet, in dem sich der Wissenschaftsjournalist beheimatet fühlt. Als Vermittler stellt er nicht allein sein Thema dar, er setzt es in Szene und stellt einen gesellschaftlichen Kontext her, in dem es relevant erscheint. Erst dann wird es ihm gelingen, eine große Leserschaft für seine Beiträge zu interessieren. Im Wissenschaftsjournalismus kommt daher auch der sprachlichen und bildlichen Aufbereitung von Meldungen besondere Bedeutung zu.

 

5.2 Darstellungsmethoden

Methoden der Darstellung im Wissenschaftsjournalismus

Auch der Wissenschaftsjournalismus kennt selbstverständlich die Kurznachricht, in der nur die wichtigsten Fakten zu einer mehrzeiligen Meldung geformt werden. Die ihm angemessenere Form der Berichterstattung aber ist die der Reportage, in der neben den Fakten auch dramaturgische Elemente eingebracht werden können. Immer häufiger gehen Wissenschaftsjournalisten auch zum sogenannten Storytelling über, nutzen sie erzählerische oder unterhaltsame Elemente für die Berichterstattung.

Einzelschicksale ersetzen Tagesaktualität

Aufgrund der fehlenden Tagesaktualität sind zudem Formen wie das Feature im Wissenschaftsjournalismus besonders beliebt. Hier werden allgemeine Erkenntnisse oder Forschungsergebnisse häufig in der Verbindung zu persönlichen Schicksalen dargestellt. Der Essay schließlich eignet sich hervorragend, um Informationen mit unterschiedlichen Meinungen, Bewertungen oder Auswirkungen zu verknüpfen.

Besondere Sorgfalt bei der Texterstellung und –bearbeitung

Besonderes Augenmerk kommt im Wissenschaftsjournalismus zudem der sprachlichen Ausgestaltung von Nachrichten und Berichten zu. Oder wie es Vicari formulierte: „Auffallend ist die besondere Sorgfalt, die den Texten geschenkt wird. Die Artikel werden nicht nur redigiert, sie werden poliert“ (2007, S. 98). Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass Wissenschaftsjournalisten eine eigene zielgruppengerechte Sprache finden müssen, um die abstrakten und von Fachtermini durchsetzten Informationen, die sie recherchiert haben, darstellen zu können.

Besondere bildliche oder grafische Aufbereitung

Die Arbeit an der Sprache ist wesentlich für einen informativen und spannenden Wissenschaftsjournalismus. Doch viele Zusammenhänge lassen sich nicht ohne Hintergrundwissen oder Anschauungsmaterial verstehen. Daher kommt auch der bildlichen und der grafischen Aufbereitung von Informationen eine wesentliche Rolle zu. Zumal sich der Journalist bei der Abbildung von Grafiken und Diagrammen ganz auf die Fakten beschränken und die Interpretation des Zahlenmaterials seinen Lesern überlassen kann.

Zwischen Information und Sensation

Eine Eigenheit schließlich, die zu den Besonderheiten der Darstellung und Präsentation innerhalb des Wissenschaftsjournalismus gehört, ist, dass auch Nachrichten, die rein informativen Charakter tragen, auf ihren Sensationsgehalt hin abgeklopft werden müssen. Wollten die Leser von Wissenschaftsmagazinen nur Fakten präsentiert bekommen, so könnten sie sich auf das Lesen von Forschungsberichten beschränken. Was macht eine Nachricht interessant, attraktiv, was ist das Besondere, Sensationelle und wie lässt sich dies unterhaltsam darstellen? Wissenschaftsjournalismus erweist sich auch in diesem Bereich als Gratwanderung zwischen der Pflicht zur seriösen Berichterstattung und dem Wunsch des Lesers, begeistert, beteiligt oder unterhalten zu werden.

6. Kritik

6.1 Wächter und Kritiker

Wissenschaftsjournalismus als Risikokommunikation und Meinungsbildner

Wissenschaftsjournalisten betrachten sich als Vermittler zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, aber auch als Wächter und Kritiker. Entsprechend geben sie Informationen nicht einfach weiter, sie bewerten und kommentieren auch, geben ethische Urteile ab, diskutieren mit ihren Lesern oder geben diesen eine Plattform, um ihre Meinung zu äußern. Erdbeben, Klimaerwärmung, Epidemien, Unfälle in Kernkraftwerken … vieles, was gegenwärtig die Schlagzeilen bestimmt, lässt sich ohne entsprechendes Hintergrundwissen kaum einordnen. Sind Massenimpfungen gegen Grippe sinnvoll? Richten Genmanipulationen an Nahrungsmitteln großen Schaden an oder werden sie zukünftig dazu beitragen, den Hunger auf der Welt einzudämpfen? Was sind die Chancen und Risiken von Organtransplantationen? Ein Großteil dessen, worüber Wissenschaftsjournalisten berichten, lässt sich unter dem Stichwort der „Risikokommunikation“ zusammenfassen. Dabei handelt es sich um Themen, die in der Öffentlichkeit regelmäßig von starken, emotional aufgeladenen Debatten begleitet werden. Aufgabe des Wissenschaftsjournalisten ist es, Informationen auszuwählen, die eine Diskussion auf der Grundlage von Fakten ermöglichen. Die Darstellung muss daher in der Regel deutlich detaillierter und tiefer gehender sein, als dies im Nachrichtenwesen sonst der Fall ist. Zwar wird eine völlig neutrale und objektive Berichterstattung auch im Wissenschaftsjournalismus die Ausnahme darstellen. Bedeutend ist aber, dass sie Wissenschaftsjournalisten wie ihre Kollegen aus anderen Ressorts dem Pressekodex verpflichtet fühlen.

6.2 Vorläufiges Wissen

Über das Vorläufige mit Vorsicht berichten

Gerade mit dieser Schwierigkeit aber, dass sie häufig über Vorläufiges schreiben, haben Wissenschaftsjournalisten immer wieder zu kämpfen, nicht nur dann, wenn sie über medizinische Themen berichten. Daher gehört es zu ihren Aufgaben, das Vorläufige, Unabgeschlossene einer Meldung bzw. wissenschaftlichen Entwicklung auch zu kommunizieren. Doch nicht nur eine allzu sensationelle Darstellung soll im Wissenschaftsjournalismus unterbunden werden. Auch die Zahl der Falschmeldungen soll möglichst gering gehalten werden. Daher ist es üblich, dass besonders sensationelle Themen zunächst mit einer Nachrichtensperre belegt werden, um einen Wettlauf um die Erstveröffentlichung zu verhindern und den Redakteuren und Journalisten die Gelegenheit zu geben, die Nachricht gründlich zu überprüfen.

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